Zwei „Rosen“, weder zartbesaitet noch empfindlich
Die Hotaman-Zwillinge Songül und Sengül werfen, schießen und kämpfen erfolgreich für Alsfelds und Romrods Sportvereine
ALSFELD (kiri). Man muss ganz genau hinschauen, wenn man sie unterscheiden möchte. „Am besten auf die Schuhe“, rät der eigene Vater, denn auch er hat Schwierigkeiten im Spiel seine 13-jährigen Zwillinge auseinanderzuhalten: Songül und Sengül Hotaman. „Die eine hat blaue Schuhe, die andere schwarze - und daran orientiere ich mich immer, wenn ich die Tore der Beiden mitzähle!“
{SPONSOR}6{/SPONSOR}Wenn man ganz genau hinschaut, ist Sengül ein kleines bisschen größer als ihre wenige Minuten jüngere Zwillingsschwester Songül. Selbst die Namen sind fast gleich - so meint man beim Schriftbild. Aber ausgesprochen werden die Namen ganz unterschiedlich - Sengül wird „Schengül“ gerufen, Songül so wie man schreibt beginnend mit „S“. Ihr Name bedeutet im Kern „Rose“. Doch sollte man nicht meinen, dass „Rosen“ zartbesaitet und empfindlich sind? Sind diese beiden „Rosen“ garantiert nicht, denn sie sind durch eine harte Schule gegangen: „Wir haben von klein auf jeden Tag auf dem Bolzplatz gegen Jungs gespielt und oft gewonnen!“
Damals auf dem Bolzplatz gegenüber dem Leonardsturm begann die Leidenschaft der beiden Mädchen für den Ballsport. „Papa, wir wollen Fußball spielen, wir sind gut, wir schlagen die großen Jungs!“, erinnert sich ihr Vater Coskun an die ersten Bitten seiner Töchter in sportlicher Richtung. Doch mit Fußball hatte er so seine Probleme. „Ich fand, das ist kein guter Sport für Mädchen. Ich habe selbst jahrelang Fußball gespielt, die ganze Familie spielt Fußball - meine Brüder, Cousins, Neffen und meine zwei großen Söhne…. aber meine Mädchen? Die sollten lieber einen anderen Sport machen“, blickte der 43-Jährige zurück.
Ihr Cousin Volkan spielte bereits beim TV Alsfeld Handball im Tor. Er nahm seine Cousinen mit zum Probetraining bei den „Bambini“ - damals waren Sengül und Songül gerade sechs Jahre alt. „Es hat total viel Spaß gemacht!“, erinnern sich die Beiden. Ein Jahr lang trainierten sie eisern, bevor sie ihren ersten Einsatz im Spiel hatten. Das war 2006 in der F-Jugend des TV Alsfelds. Seitdem sind sie aus der Großsporthalle nicht mehr wegzudenken: Zweimal die Woche trainieren sie inzwischen mit der weiblichen C-Jugend und der weiblichen B-Jugend, spielen ihre regulären Spiele für die jüngere Mannschaft und helfen regelmäßig in der B-Jugend aus.
Und wenn sie selbst nicht spielen, sitzen sie am Wochenende auf der Tribüne und feuern die anderen Mannschaften des Vereins an. Herzblut-Handballerinnen eben.
Ihre Stärken: Sengül spielt offensiv - sie lauert, fängt Bälle ab und läuft beim Tempogegenstoß allen davon. Songül ist besonders gut im Abwehrverhalten. Das Stellungsspiel ist ihre Sache. Sie weiß, wie man steht, wie man läuft und das Spiel der Gegner stört. Gemeinsam haben sie ihre Zweikampf- und Wurfstärken, die sie im Doppel zu einem starken Team machen.
Doch trotz der Erfolge im Hallensport, der Fußball ließ den beiden keine Ruhe. Immer wieder baten sie ihren Vater, wenigstens einmal ins Training gehen zu dürfen. Und wer den Blick aus den schwarzbraunen Augen der Zwillinge kennt, weiß, wie schwer es ist, ihnen zu widerstehen. Also sagte der Vater irgendwann doch ja - „in der Hoffnung, dass es ihnen keinen Spaß macht!“ Weit gefehlt.